Content-Marketing: Wie „Newsjacking“ funktioniert

von Matthias Kutzscher

Der Druck auf Content-Gestalter ist groß: Um Journalisten, Suchmaschinen oder Kunden zu ködern, müssen beständig wertige sowie nützliche Web-Inhalte publiziert werden. Doch wer eine Content-Strategie entwickelt, steht oft vor einem Berg an Informationen. Denn im Prinzip kann jede Information Teil der eigenen Internetseite und Social Media-Inhalte werden.

„Newsjacking“ ist eine mittlerweile beliebte Methode, starke Inhalte zu formen. Dabei werden Nachrichten aus der Info-Welt gekapert und mit eigenen Zutaten garniert.

Der „Buzz“ macht den Unterschied

Neu ist das Konzept nicht. Kreative haben schon immer an die Leistung anderer angedockt. Schreiber belegen ihre Thesen mit fremden Belegen. Zeichner karikieren Konkurrenten. Filmer klauen sich gegenseitig Ideen.

Das Besondere am modernen „Newsjacking“ aber ist der mögliche „Buzz“ im Netz. Denn Social Media-Kanäle ermöglichen es, sofort auf Nachrichten zu reagieren und mit anschwellendem Geflüster virale Hits pro Image oder Produkt zu landen. Einfachheit, Geschwindigkeit und Erfolgsaussichten machen „Newsjacking“ ergo unverzichtbar für Content-Marketing.

 

Starke News senden Signale

Weil bestimmte News starke Signale senden, werden sie häufig gelesen (geklickt) und setzen sich daher von der parallel laufenden millionenfachen Konkurrenz ab. Diese sogenannten „Breaking News“ oder auch Eilmeldungen durchleben dann einen typischen Zyklus mit einem besonders günstigen Moment für thematische Trittbrettfahrer.

Heißt: Weil sich das Interesse der Öffentlichkeit zum Beispiel bei überraschenden Umfrageergebnissen, einer abstrusen Expertenmeinung oder bei spektakulären Quartalszahlen aufschaukelt, brauchen Medien für ihre Berichte dringend Zusatzinfos. Tatsächlich suchen und rangeln Portale, Sender, Zeitungen bis zum Höhepunkt des öffentlichen Interesses um ergänzende Meinungen und Zahlen und Beispiele.

So entstehen neue Trending Topics. Suchmaschinen ranken News im Kontext herauf, Timelines auf Twitter und Feeds auf Facebook ändern sich. Weil das Netz aufgeregt murmelt, greifen weitere Medien das Thema auf. Wer in diesem Sog mit informierenden, erklärenden oder inspirierenden Inhalten auf die Originalinfo aufsetzt, hat exzellente Chancen, eigene Themen und Produkte ins Gerede zu bringen.

Für PR und Werbung geeignet

„Newsjacking“ ist nicht nur prächtig geeignet für Public Relations. Vor allem Marketer in den USA favorisieren häufig statt Fakten originelle Werbe-Botschaften. Für viele amerikanische Firmen gehört „Newsjacking“ längst zum Einmaleins des Content-Marketing. Warum sie dabei häufig auf Humor setzen, belegen Studien. Dem einflussreichen Sprout Social Index zufolge wünschen sich immer mehr Social Media-Nutzer unterhaltende Informationen.

Dieser Erkenntnis folgt auch Sixt: Während sich hierzulande Firmen mit „Newsjacking“ noch schwertun, plündert der deutsche Autovermieter regelmäßig Fremdthemen mit Witz. Streiken die Lokführer, kommt via Twitter ein Herzchen mit nettem HDGDL GDL-Text daher, zum „Cyber Monday“ werden Rabatte schamlos promotet und im Winterchaos die Skiorte mit den höchsten Schneemengen gehypt.

Regeln für cleveres Content-Marketing

Nachrichten kapern können aber nicht nur bekannte Marken. Werden sechs Regeln beachtet, lassen sich fremde News gut für cleveres Content-Marketing nutzen.

  1. Content-Strategie – Definieren Sie Botschaften, Material, Produkt-Eigenschaften und Informationen, die für potentielle Kunden sowie Medien interessant sind.
  1. Newsjacking-Varianten – Sowohl planbare als auch unvorhergesehene Ereignisse können genutzt werden. Die zweite Variante ist schwerer durchführbar, da Zeitdruck entsteht.
  1. News-Quellen – Legen Sie Quellen für die Auswahl möglicher Nachrichten fest und scannen Sie diese Themenmärkte in Echtzeit.
  1. News-Auswahl – Für die Selektion von Nachrichten stehen verschiedene Bereiche zur Verfügung: Geschäftsfeld, lokale Ereignisse, Interessen oder Events. Wichtig dabei: Negative Ereignisse drehen beim „Newsjacking“ oft ins Gegenteil, weil sie stark polarisieren.
  1. Reaktionen – Da Schlagzeilen nur eine begrenzte Halbwertzeit besitzen, muss recht schnell, idealerweise innerhalb von 48 Stunden reagiert werden. Um Image- und Brandingeffekt zu erzielen, ist eine möglichst große Nähe von News und Ergänzung nötig.
  1. Kanäle – Blog, Twitter, Facebook, Instagram, Youtube stehen ebenso wie Medienverteiler als Kanäle zur Verfügung. Wird nur über Social Media kommuniziert, muss ein Kanal den Kontakt zu Medien aufbauen können.

 

Matthias Kutzscher ist Journalist und Content-Architekt. Beim Seminaranbieter Media Workshop leitet er den zweitägigen Kurs „Themensetting, Newsjacking und Agenda-Surfing“. Für Unternehmen sowie Organisationen entwickelt der gelernte
Nachrichtenredakteur Content-Strategien mit Fokus auf digitale PR.

 

Alle Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung zum Seminar finden Interessierte hier.